Die globale Bewirtschaftung des Internets bedroht die Demokratie

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1. Die Probleme der globalisierten Digitalisierung erhalten längst nicht die öffentliche Aufmerksamkeit, die sie verdienen

a) Eine « Cloud » von Problemen

Nach- und Vorteile der allgemeinen Digitalisierung werden seit längerem anhand einer breiten Palette konkreter Themen diskutiert. In diesen Debatten und Bewertungen scheinen – bei den politischen Entscheidungsträgern wie auch im allgemeinen Publikum – die Vorteile gegenüber den Nachteilen bei weitem zu überwiegen. Das zeigt nicht nur die vorherrschende Tendenz der Medienberichte darüber, sondern vor allem auch die weltweite Verbreitung ihrer Nutzung. Die meisten Probleme werden vor allem auf der technischen Ebene gesehen und meist als Anfangsschwierigkeiten («Kinderkrankheiten») behandelt, deren Kontrolle keine grundsätzlichen Fragen aufwirft. Zu den so verhandelten Problemen gehören beispielsweise

  • die Zugänglichkeit von Computer-Ressourcen (sowohl national als auch international)
  • die Fähigkeit, diese Mittel zu nutzen (als neue Dimension der sozialen Ungleichheit, besonders interindividuell, aber auch international)
  • Missbrauch von im Web zirkulierenden Daten und deren Schutz
  • der beträchtlich erhöhte Energiekonsum durch Verarbeitung und Transport der zusätzlichen Informationen sowie andere Formen der intensiven Nutzung digitaler Ressourcen (data mining, bitcoin mining)
  • «gewöhnliche» Computerkriminalität (Identitätsdiebstahl, Datendiebstahl, Gelddiebstahl usw.)
  • moralisches Lynchen von Personen oder Organisationen durch Angriffe auf ihre Reputation über soziale Netzwerke ohne formelles Verfahren
  • die Ersetzung menschlicher Arbeit durch Computer- und Roboterarbeit und daraus folgende Verluste von Arbeitsplätzen, erneut angestossen durch das Zugänglichwerden der künstlichen Intelligenz (Diskussion schon seit Jahrzehnten, Beginn in den 1980er Jahren, erste Formen bereits seit Beginn der Industrialisierung – wichtiger wäre sicher die Veränderung der Arbeit durch Ueberwachung, Atomisierung und Flexibilisierung![1])
  • die Reproduktion diskriminierender Stereotypen durch das Training künstlicher Intelligenz, wie es z.B. für Expertensysteme aller Art stattfindet, mit entsprechend diskriminierenden Folgen durch die Abstützung von Entscheiden über Rekrutierung/Anstellung, Rechtsprechung, medizinische Diagnose, soziale Arbeit usw. auf solche Expertensysteme oder gar vollständige Delegation an sie
  • elektronische Spionage durch staatliche und private Agenturen (Beispiel Pegasus, NSA)
  • menschlicher Kontrollverlust durch den flächendeckenden Einsatz sogenannter „starker“ künstlicher Intelligenz (etwa in der Form des Automated Decision Making oder ADM, parallel zur Diskriminierungsproblematik in Bereichen wie Investitionsentscheidungen, automatische und unsichtbare «Personalisierung» der Selektion von Netzwerk-Inhalten, die Konsensblasen schafft, Rechtsanwendung, Sozialarbeit, Personalselektion, medizinische Diagnostik, Kriegsführung.

In vielen dieser Fälle geht die Tendenz dahin, Entscheidungen mit potentiell tiefgreifenden Konsequenzen für die Betroffenen an Algorithmen zu delegieren – Entscheidungen, die dann ohne die Beteiligung von Menschen getroffen und oft auch realisiert werden.

Der Biochemie-Professor und Science-Fiction-Autor Isaac Asimov hat diese Perspektive bereits 1942 vorausgesehen (also noch vor Turing) und drei minimale Grundsätze („Gesetze“) einer Ethik des Automateneinsatzes vorgeschlagen: 1) Ein Roboter darf keinen Menschen verletzen oder durch Untätigkeit zu Schaden kommen lassen. 2) Ein Roboter muss den Befehlen eines Menschen gehorchen, es sei denn, solche Befehle stehen im Widerspruch zum ersten Gesetz. 3) Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, solange dieser Schutz nicht dem ersten oder zweiten Grundsatz widerspricht (zitiert nach Wikipedia, Art. Isaac Asimov, Zugriff 27.4.2021). So gut sich diese Grundsätze zur Sensibilisierung eignen, so ungenügend sind sie, um vernünftige Umstände sicherzustellen. Zu fordern ist mindestens, dass bei allen wichtigen Entscheiden, an denen ein Automat bzw. künstliche Intelligenz beteiligt ist, die menschlichen „Partner“ ausschlaggebend bleiben (dazu Ponce del Castillo 2022).

Ein weiteres Diskussionsthema in diesem Bereich verweist an sich direkt auf die Infragestellung staatlicher Souveränität durch gezielten Einsatz der Digitalisierung, nämlich das Hacking für verdeckte politische Zwecke, auch durch Geheimdienste (Beispiele: die vermutlich russische Einmischung in die amerikanischen Wahlen von 2016, die wahrscheinlich israelisch-amerikanische Sabotage der iranischen Atomanreicherungsanlagen in Natanz 2020, und in jüngster Zeit die kybernetische Komponente der Kriegführung zwischen und um Russland und Ukraine). Dieses Thema bleibt allerdings eher im Hintergrund und kann deshalb – irrtümlicherweise – als weniger wesentlich erscheinen. Auch hier steht aber der Missbrauch digitaler Mittel im Vordergrund und nicht eine „normale“ Konsequenz ihrer weltweiten Benützung.

b) Ein grundsätzliches Problem

So wichtig und vielschichtig all diese Probleme auch sind, ihre Diskussion beschränkt sich weitgehend auf zwischenmenschliche und relativ lokale oder sektorielle Unannehmlichkeiten, die in optimistischer Sicht als vorübergehende Kinderkrankheiten erscheinen können. Das führt dazu, dass sie nicht als politische Dringlichkeit wahrgenommen werden – und das wiederum lässt Zeit dafür, dass eben diese Probleme immer größere Ausmasse annehmen, die es immer schwieriger machen, sie zu kontrollieren. Es soll schon deshalb hier keineswegs darum gehen, ihre Wichtigkeit in Frage zu stellen.

Ihr Vorherrschen in der öffentlichen Aufmerksamkeit verdeckt jedoch ein grundsätzlicheres und keineswegs technisches oder bloss missbrauchsbedingtes Problem. Es liegt systemisch gesehen auf der Makroebene und kann deshalb als «abstrakt» erscheinen, was dazu beiträgt, dass es nur selten wahrgenommen wird – und wenn es thematisiert wird, ist die Reaktion verständlicherweise oft ein Gefühl der Machtlosigkeit. Worum geht es?

In der gegenwärtigen Phase des Globalisierungsprozesses entstehen in raschem Tempo schnell wachsende private Wirtschaftsakteure mit globalem Wirkungskreis, die heute mit dem Kürzel GAFAM bezeichnet werden.[2] Ihre Tätigkeit und Wirkungsweise im weiten Spektrum von Kommunikation, Arbeitsorganisation, Steuerverhalten, Modellcharakter für andere Unternehmungen, kultureller Standardisierung usw., also weit über ihre kommerzialisierten Produkte hinaus, betrifft sowohl Einzelpersonen als auch die Welt als Ganze. Die KundInnen dieser Firmen, also Millionen oder gar Milliarden von Einzelpersonen, werden durch systematische Auswertung der über sie gesammelten Informationen zu oft unabsichtlichen Lieferanten kommerziell verwertbarer Daten, die die gezielte Streuung von Werbung und anderen Kommunikationen (u.a. echte und gefakte „news“) erlauben. All dies wird durch die weltweite Vernetzung durch das Internet und dessen systematische Benützung für digitale Kommunikation ermöglicht.

Die GAFAM entwickeln so in kurzer Zeit ein enormes Machtpotential, das weltweit wirksam werden kann und ihnen auch weltweite Mobilität vermittelt (im Unterschied zu den territorial gebundenen Staaten). Unter anderem dank dieser Mobilität und Omnipräsenz können sie sich, jedenfalls bisher, der Kontrolle von Staaten und internationalen Regulierungsbehörden weitgehend entziehen. Zur Illustration nur zwei Grössenvergleiche: 1) der Umsatz von Amazon betrug 2020 322 Mrd. Euros und erreicht damit praktisch die Hälfte des BIP der Schweiz (656 Mrd. Euros), 2) In der Forbes-Liste der grössten Multis von 2021 gehören Apple und Amazon zu den zehn grössten (die meisten anderen „top ten“ gehören zur Finanzindustrie), haben aber bereits die höchsten Umsätze.

Dass Multinationale die Macht haben, nationale Regierungen zu beeinflussen und dass sie ihren Regulierungen zu entgehen versuchen (z.B. durch « Steueroptimierung »), ist nicht neu und wird seit spätestens den 70er Jahren diskutiert (vgl. z.B. Heintz 1974). Aber jene, um die es hier geht, tun dies – das  ist jedenfalls unsere Arbeitshypothese – aufgrund einer neuen Art von Produktivkraft, deren weitgehend ungeregelte Verwendung ihnen potentiell eine bisher auch von konventionellen Multis unerreichte globale Machtstellung zu geben verspricht bzw. droht.

c) Big Tech als Monopole

Alle Web-Giganten haben Konkurrenten, aber die Grössenverhältnisse entsprechen in den meisten Fällen quasi-monopolistischen Situationen und haben ein starkes Potential, dieses Ungleichgewicht weiter zu verstärken. So erklären Grosskunden, es wäre schwierig für sie, eine gleichwertige Alternative zu finden, etwa Netflix bezüglich Amazon Web Services als Cloudprovider und Uber betreffend Google Maps, auf dessen Dienste er angewiesen ist.[3]

Die diesebezüglichen Strategien der Big Tech sind ausserordentlich vielfältig, erwähnt sei lediglich die Good-Boy-Politik, die zur anscheinend nur wohlwollenden Einnistung in interessanten Kontexten dient und dazu führt, die Kontrolle über zentrale Funktionen zu gewinnen und damit langfristig auch politisch ausschlaggebend zu werden. Als Beispiel mag die Ansiedlung des europäischen Hauptsitzes von Google in Zürich mit über 5000 MitarbeiterInnen dienen, zu der in den Medien praktisch keine kritischen Ueberlegungen zu finden sind. Ein anderes konkretes Projekt dieser Ausrichtung konnte durch Bürgerwiderstand verhindert werden: Google bereitete sich darauf vor, einen Stadtteil von Toronto in jeder Hinsicht zu „übernehmen“ (Ryser & Springer 2023).

Das bringt diese Multis in Konkurrenz und immer mehr auch in Konflikt mit politischen Entscheidungsgremien. Wir beobachten in jüngster Zeit die ersten konkreten Ausdrucksformen einer Machtverschiebung (Regulierungs- und Sanktionsmacht) vom internationalen Staatensystem zu den IT-Multis, wie sie exemplarisch am Konflikt zwischen der australischen Regierung und Facebook und auch an dem – noch im Entstehen begriffenen – Konflikt zwischen der Europäischen Union und den GAFAM in Erscheinung tritt.[4] In beiden Fällen geht es um Steuervermeidung in groteskem Ausmass, andere Konfliktthemen sind etwa Datenschutz und Kartellpolitik.

2. Die Kombination der freien Zugänglichkeit des globalen Internets und seiner Kontrolle durch private Unternehmen ist eine neue Produktivkraft

Die Handlungsmöglichkeiten im globalen Maßstab, die das Internet bietet, können als eine echte neue Produktivkraft betrachtet werden. Sie ist weitgehend unabhängig von bereits bekannten Formen, an die wir gewöhnt sind (Arbeit, Maschinen oder allgemeiner Technologie, Wissen). Sie überlagert diese, indem sie auf ihnen aufbaut. Ihre Nutzung entwickelt sich im Rahmen einer allgemein globalisierten Welt, und dies auf der Grundlage von technischen Netzwerken (weltweit verknüpfte Kabel), die ebenfalls global sind und einen autonomen Raum bilden, an dem alle menschlichen und juristischen Personen teilnehmen können, die die für den Zugang nötigen Mittel und Fähigkeiten besitzen, und der bisher praktisch keiner Regelung durch öffentliche Kontrollinstanzen unterliegt (Zuboff, 2014, spricht von „blank space“). Die kommerzielle Nutzung dieses Raums ist daher in einem besonders weiten Sinne «frei».

Diesen Aktivitäten wohnt eine enormen Hebelwirkung inne (eine Konzernzentrale entscheidet, bzw. deren leitendes Gremium, im Extremfall deren Besitzer als Einzelperson – und grosse Teile der Weltbevölkerung sind davon betroffen). Die Ausbeutung dieser Produktivkraft ermöglicht eine rasche Konzentration enormer finanzieller und zunehmend auch struktureller Ressourcen,[5] welche über kurz oder lang zu Konflikten zwischen wirtschaftlichen und politischen Akteuren führt, wie die beiden bereits genannten Beispiele zeigen. Die von Biden lancierte Initiative zur Etablierung einer weltweiten Minimalsteuer für Multis ist eine der ersten Antworten auf die dadurch entstehende Machtverschiebung, vorerst noch nicht in Kraft gesetzte Gesetzesentwürfe in den USA gehen ebenfalls in diese Richtung, namentlich der Platform Competition and Opportunity Act, zusammen mit vier anderen Texten (vgl. https://www.cnet.com/news/politics/heres-how-new-antitrust-legislation-could-affect-big-tech-and-you/). Die EU hat zwei wegweisende Texte in Kraft gesetzt oder ist in diesem Prozess weit fortgeschritten (Digital Services Act gegen Monopolisierungspraktiken und Digital Markets Act zur Regulierung der Inhalte).

Das Geschäftsmodell der GAFAM beruht im Wesentlichen auf der Ausbeutung des Internets im großen Stil durch die Bereitstellung von Informatikressourcen und IT-Diensten, die entweder durch kostengünstige Abonnemente oder durch Werbung finanziert werden und bei denen die Kundenbindung so weit wie möglich auf einer Form von Kaptivität basiert. Mit anderen Worten: der individuelle Verzicht darauf wird als nachteilig eingeschätzt und ist deshalb nicht attraktiv, die für normales Marktfunktionieren grundlegende Möglichkeit des opting out wird so gewissermassen strukturell, aber informell und unausgesprochen ausgeschaltet). Die potenzielle Omnipräsenz, welche die Erbringung von IT-Dienstleistungen über das Internet diesen Unternehmen verleiht, geht weit über die bereits hohe geografische Mobilität der traditionellen Rohstoff-, Industrie- oder Dienstleistungsmultis hinaus.

3. Ohne nationale und internationale Regulierung wird das System der Nationalstaaten seine Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten zugunsten von Netzwerkmultis von der Art der GAFAM verlieren

Die wirtschaftliche Globalisierung ist ein Phänomen, das sich, wenn wir seine Definition nicht übermässig eng halten, seit Jahrhunderten entwickelt hat. Die aufeinanderfolgenden Phasen, in denen dies geschah, sind hier nicht zu analysieren (dazu die historischen Analysen von Braudel, Wallerstein und Nachfolgern). Die vorletzte Phase war politischer Natur und wurde in den 1980er Jahren im Zuge der Durchsetzung der neoliberalen Politik (Regierungen Reagan, Thatcher usw.) eingeleitet, die auf den Prinzipien „weniger Staat“ (Deregulierung bis hin zum Abbau von Monopolbegrenzungen) und verstärkter Ausdehnung des Freihandels basierte.

Die kommerzielle Ausnützung des Internets, die von den multinationalen Konzernen des Sektors angeführt und kontrolliert wird, ist eine neue Etappe dieser Entwicklung. Sie beruht auf dem Potenzial, das durch das Zusammentreffen der bereits bestehenden unregulierten wirtschaftlichen Globalisierung mit der globalisierten Digitalisierung entsteht.[6]

4. Ausblick

Es ist unschwer vorauszusehen, dass es ohne staatliche Regulierung, die zunächst wohl eher auf nationaler Ebene (durch einflussreiche Nationen oder Verbünde wie USA und EU) und in der Folge auf internationaler Ebene (WTO?) entwickelt werden kann, schnell zu einer gravierenden Verringerung der Steuerungsfähigkeit von Staaten auf globaler Ebene kommen wird. Diese Regulierungskapazität kann die Form von « hard law » (verbindliches Recht) oder von « soft law » (nicht verbindliche Regulierung) haben, wobei sich letzteres möglicherweise zu ersterem entwickeln lässt.

Als unmittelbare Folge des nicht vorhandenen Regulierungsschutzes wird sich auch der effektive Umfang der gegenwärtig existierenden Elemente von Demokratie verkleinern. Eine solche Schrumpfung kann nur sehr schwer rückgängig gemacht werden, wenn sie einmal stattgefunden hat. Dies verstärkt die Aussicht auf die Dystopie einer privatisierten Weltordnung, die im Wesentlichen von den Interessen der multinationalen Konzerne organisiert und kontrolliert wird. Eine zentrale Rolle für den «Great Reset» nach der Corona-Pandemie und vor dem Klimakollaps denken denn auch etwa Planspiele und Publikationen des WEF hinsichtlich einer Global Governance den transnationalen Unternehmungen bereits sehr ausdrücklich zu (Schwab & Malleret 2020). Auch die Uebernahmen von universalistischen Medien durch rechtsgerichtete Magnaten in diversen Ländern (inkl. Schweiz) drängen in diese Richtung.

Diese Gefahr ist heute als ebenso wichtig einzustufen wie der Klimawandel, wird aber immer noch viel weniger ernst genommen und verdient daher eine besondere Aufmerksamkeit. Das Problem der fehlenden Regulierung der Tätigkeit der GAFAM und der Nachhaltigkeit der derzeit vorhandenen demokratischen Elemente gegenüber derartigen Entwicklungen gehört an erster Stelle mit zu den aktuellen Bedrohungen der Demokratie (neben Populismus, Kontrolle der öffentlichen Meinung, sinkende Steuerungsfähigkeit staatlicher Instanzen und deren Legitimitätsverlust). Die Verteidigung und Ausweitung der Demokratie, der Volksrechte und der durch sie getragenen sozialen Errungenschaften wird zu einem grundlegenden Anliegen für die Zukunft der folgenden Generationen gegenüber Bedrohung wie der hier beschriebenen. Noch allgemeiner geht es dabei um das Primat der politischen Gestaltung der Gesellschaft gegenüber privatwirtschaftlichen Profitinteressen.

Bibliographie

Asimov, Isaac, Runaround. Astounding Science Fiction 1942.

Braudel, Fernand, Civilisation matérielle, économie et capitalisme. Armand Colin, Paris 1979

Fukuyama, Francis, Barak Richman & Ashish Goel, How to Save Democracy From Technology. Ending Big Tech’s Information Monopoly. Foreign Affairs, January/February 2021.

Gasche, Urs P., Impfstoffe: Knebelverträge sollten 10 Jahre geheim bleiben. Infosperber 8.8.2021.

Ghernaouti, Solange, How Digital Ecosystem and Practices Increase the Surveillance System’s Performance and Generate New Risks for Human Rights. GNLU Las & Society Review 2020.

Heintz, Peter, Die Zukunft der Entwicklung. Huber, Bern 1974.

Ponce Del Castillo, Aida, Artificial intelligence: filling the gaps. Social Europe 14.4.2022 (https://socialeurope.eu/artificial-intelligence-filling-the-gaps, consulté 15.4.2022).

Rikap, Cecilia, Enclosing the internet – Big Tech’s cloud cover. Social Europe 6.9.2022.

Ryser, Daniel & Ramona Springer, Als Google einen Staatsstreich versuchte. Republik 14.1.2023.

Schwab, Klaus & Thierry Malleret, Covid-19: Der grosse Umbruch. Forum Publ., Cologny 2020.

Seibt, Constantin, Die Steuervermeidungsindustrie. Republik 19.8.2021, https://www.republik.ch/2021/08/19/die-steuervermeidungs-industrie?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=republik%2Ftemplate-newsletter-taeglich-2021-08-19, Zugriff 19.8.2021.

Teachout, Zephyr, The Boss Will See You Now. New York Review of Books 18.8.2022, 28-13.

Wallerstein, Immanuel, The Modern World System, vols I-III. Academic Press, New York 1974-1989.

Zuboff, Shoshana, The Coup We Are Not Talking About. New York Times 2021.

Zuboff, Shoshana, Un capitalisme de surveillance. Monde diplomatique 2019.

Zuboff, Shoshana, Dark Google. Frankfurter Allgemeine Zeitung 30.4.2014.

[1] „The future … is in combining the tracking and rewarding tools from gig work with employment contracts that allow for changing pay.“ (Aloisi & De Stefano, zitiert von Teachout 2022)

[2] GAFAM steht für Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft, dient hier hier allgemeiner zur Bezeichnung aller Big Tech oder Webgiganten.

[3] Für detailliertere Informationen im Falle europäischer Multis vgl. den Bericht an die Europäische Kommission „European industrial technology roadmap for the next generation cloud-edge offering. 2021 (https://ec.europa.eu/newsroom/repository/document/2021-18/European_CloudEdge_Technology_Investment_Roadmap_for_publication_pMdz85DSw6nqPppq8hE9S9RbB8_76223.pdf) sowie den Artikel von Rikap (2022).

[4] Dass die Abnehmerstaaten von Impfdosen während der COVID-Pandämie 2020-2021 von den Pharmakonzernen mit Verträgen über den Tisch gezogen wurden, die den Staaten einseitig die volle Verantwortung für allfällige Folgen zuschoben, sodass die Firmen ihre ausserordentlichen Gewinne gefahrlos einstreichen können (Gasche 2021), betrifft zwar weniger grundlegend die Souveränität der Demokratien, erhellt aber unter einem spezifischeren Blickwinkel ebenfalls die Möglichkeit des Kippens der Machtverhältnisse zugunsten marktmächtiger Multis. Andere aktueller werdende Konfliktgegenstände, die konventionelle Multis und nicht die GAFAM involvieren, betreffen die Ausbeutung von Naturschätzen auf Kosten gewachsener Biotope, der Artenvielfalt und der Klimasicherung.

[5] Strukturelle Ressourcen sind hier in erster Linie die weltweite Präsenz der Unternehmung, ihre Beherrschung des Internets und seiner Infrastrukturen, und ihre hierarchische Binnenstruktur. Die Kombination dieser drei Elemente erschliesst eine neue Dimension von Aktions- und Profitmöglichkeiten. Ein anderes Indiz der strukturellen Macht der Multis ist, dass heute um die 80% des Welthandels als Konzerninnenhandel abläuft (dies gilt allerdings nicht nur für die GAFAM – Schätzung von Deloitte, zitiert von Seibt 2021).

[6] Der vorliegende Text wurde namentlich durch die Arbeiten Zuboffs (2019, 2021), aber auch von Ghernaouti (2020) und Fukuyama et al. (2021) ausgelöst. Die Hauptstossrichtung von Zuboff betrifft bereits das Entstehen eines Machtkampfs zwischen den Multinationalen und den Nationalstaaten, dessen Verlust durch die Staaten schnell und grundlegend die bestehenden Demokratien aushöhlen würde, und damit jede Form der Machtteilung zwischen Mächtigen und breiter Bevölkerung allgemein. Diese Problematik ist weitgreifender und grundlegender als es der von ihr gewählte Begriff des « Überwachungskapitalismus » (surveillance capitalism) andeutet. Die Gefahr der überschiessenden Überwachung dank der neuen, weitgehend privat und regellos eingesetzten Informationstechnologien soll keineswegs beschönigt werden. Es geht hier vielmehr darum, auf die noch fundamentalere Bedrohung der Demokratie durch den makrosostrukturellen Machtgewinn der digitalen Multis aufmerksam zu machen, welche vom Überwachungsaspekt verschleiert werden kann, weil er letztlich vor allem die individuelle Problemebene betrifft.

Individuelle Texte sind nicht durch das Diskursverfahren von kontrapunkt gelaufen.

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